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Lasst uns zu den Sternen reisen!

 

Ich liebe das Weltall. Schon immer konnte ich stundenlang in den Nachthimmel schauen, und die Sterne betrachten. Ich habe tonnenweise Bücher über fremde Galaxien und unendliche Weiten gelesen. Zum Jahreswechsel 2018/2019 ist dann etwas Sonderbares passiert. Ich hatte plötzlich eine Geschichte im Kopf. Eine Geschichte, in der die Hauptfigur die Erde verlassen muss. Dabei liebt sie die Erde, ihren Heimatplaneten, auch wenn der im Jahr 2123 nicht mehr so aussieht, wie wir ihn heute kennen. Aber sie muss aufbrechen, ihr kleiner Bruder schwebt in Lebensgefahr. Sie muss ihn retten und sich so in fremde Welten und unermessliche Gefahren begeben. Alles ist neu, beängstigend und Milla, meine Figur, ist furchtbar einsam. Doch genau dann, wenn sie in größter Not ist, fliehen muss und erbarmungslos gejagt wird, trifft sie auf zwei Wesen, die ihr zu Seite stehen. Und diese beiden, der RIX und Nukati, waren für mich die größte Überraschung, seitdem ich Bücher schreibe. Mehr dazu demnächst. 😉

Vielleicht ist dieses Buch für mich deshalb so aufregend, weil ich mit meinen Figuren selbst ins Weltall aufbrechen konnte. Eine Welt mit Raumschiffen, Algenantrieben, der Galaktischen Union, dem Handelsplanet Mercado Bigastor, Riebenzankmöhren, Autopiloten und einer gesprächigen Schiffs-KI. Der Roman Die lange Reise der Artemis ist eine Geschichte über Freundschaft, wo man sie nicht vermutet hätte: Mitte im Weltall. Auf einem kleinen Schiff mit dem Namen Artemis.

Ein intergalaktischer Road-Trip!

Der Roman wird im November als Taschenbuch und E-Book erscheinen. Der beste Zeitpunkt für eine kleine Leseprobe:


Die lange Reise der Artemis

Kristina Günak 

1. Kapitel 

Ich war tot! Und im Himmel! Ich fühlte mich leicht und völlig losgelöst von allem. Ich hatte immer gedacht, sterben wäre schlimm, aber dieses Gefühl hier war eigentlich nicht schlecht. Es hielt allerdings nur so lange an, bis ich es endlich schaffte, die Augen zu öffnen, dann rammte mir das grellweiße Licht direkt bis unter die Schädeldecke. Schmerz explodierte in meinem Kopf, und ich kniff die Augen wieder fest zusammen. Irgendwo ertönte ein schriller Alarmton.

Man hatte uns in nervenaufreibenden Übungen darauf konditioniert, bei diesem schrillen Geräusch sofort die in jeder Kabine angebrachten Sitzplätze mit den festen Gurten aufzusuchen. Wenn wir dann noch Zeit hätten, sollten wir unbedingt den starren Nackenschutz anlegen, der uns im Falle einer Kollision vor dem Genickbruch bewahrte. Wobei ich damals schon gedacht hatte, dass ich im Falle einer Kollision viel lieber einen doch meist schlagartig eintretenden Tod durch Genickbruch sterben würde, als das zu erleben, was nach der Havarie eines Raumschiffes ansonsten zur Option stand.

Ich hatte es leider weder geschafft, die Sicherheitsgurte noch den Nackenschutz anzulegen. Stattdessen lag ich jetzt auf dem Stahlboden, und mir tat alles weh. Immerhin lebte ich. Erneut öffnete ich die Augen, wenn auch vorsichtiger. Diesmal war ich gefasst auf die Helligkeit. Dann versuchte ich, einen tiefen Atemzug zu nehmen. Die Luft schmeckte nach Ozon und Staub, und ich musste keuchend husten.

Ich war tatsächlich im Himmel. Tausende Kilometer von der Erde entfernt. Und es war nicht schön. Es würde auch ungefähr noch tausend Tage so weitergehen, wenn nicht jetzt schon unser letztes Stündlein geschlagen hatte. Wovon ich aufgrund der aktuellen Sachlage ausgehen musste.

Die Barrakuda gab ein dumpfes Grollen von sich, legte sich erneut auf die Seite, und ich konnte nur durch einen beherzten Griff an die Stahlstreben der Untersuchungsliege verhindern, dass ich einmal quer durch meine Praxiskabine geschleudert wurde. Das Schiff blieb für den Moment in dieser ungesunden Schräglage, und ich rutschte langsam über den Boden.

»Ich möchte nach Hause«, flüsterte ich, schaffte es aber im nächsten Augenblick immerhin, mich mit den Füßen an der gegenüberliegenden Wand abzustützen.

»Arzt auf die Brücke!«, ertönte die sanfte weibliche Computerstimme aus den Lautsprechern, die sich versteckt in jeder Nische des Schiffes befanden. Die Lautsprecher hießen in der Raumfahrt anders – ich hatte das Wort wieder vergessen –, da die Dinger aber laut mit der Besatzung und den Passagieren sprachen, blieb ich bei diesem schönen irdischen Wort.

»Allzeit bereit!«, antwortete ich in die Leere meiner Praxiskabine, während ich weiterhin die Stahlstreben umklammerte. Man würde nicht nur auf der Brücke einen Arzt benötigen, nachdem wir gerade wie in einem Mixer durchgeschüttelt worden waren, bloß wie sollte ich dahin kommen, wo man mich brauchte? Fliegen?

»Arzt auf die Brücke!«, erklang wieder diese liebliche Stimme, die ihrem Erregungszustand nach maximal gerade eine Tasse Tee zu sich nahm, während sie auf einen plätschernden Bergbach blickte. Langsam richtete das Schiff sich wieder auf Normalniveau aus. Trotzdem hielt ich die Stahlstrebe fest umklammert, denn mit der künstlichen Schwerkraft stimmte irgendetwas nicht. Ich fühlte mich weiter sonderbar leicht und losgelöst.

»Ja, doch!«, antwortete ich, wartete einen Herzschlag lang ab, was da noch kommen möge, und rappelte mich, als es ruhig blieb, hoch auf die Knie. Ein schwieriges Unterfangen, denn meine Knie wollten nicht so recht Bodenkontakt halten.

Es war meine zweite Woche auf der Barrakuda. Ich hatte seitdem nur gefilterte Luft geatmet, furchtbaren Fraß zu mir genommen, kaum geschlafen und zweimal meinen neuen Assistenten getreten. Der war kein Mensch, sondern eine künstliche Intelligenz. Eine KI der man zum Glück kein menschliches Antlitz verpasst hatte, wie man es auf der Erde in den 2050ern versucht hatte, was ja gehörig in die Hose gegangen war. Wenn sie aussahen und sich benahmen wie Menschen, wurde es schwierig.

Diese hier sah halt aus wie ein Roboter. Und sie war so dumm wie ein Roboter. Außerdem hatte sie zu den unpassendsten Gelegenheiten Gedichte von Rilke zitiert, was mich unfassbar genervt hatte, sodass ich ihr das erst mal verboten hatte. Ob ihr das jemand einprogrammiert hatte – als kleinen Gruß irgendwelcher irren Computer-Techs – oder ob sie es sich selbst beigebracht hatte, hatte ich bis jetzt nicht herausfinden können.

Es hätte mir zu denken geben müssen, dass das Schiff, auf dem ich mich befand, einen derartig kämpferischen Namen trug. Barrakudas waren keine netten Fische. Ich hätte vielleicht auf der DP Goldfisch anheuern sollen. Die flog allerdings nicht bis nach Padas im Sternsystem Gordos, und das war mein Ziel. Zumindest hatte ich das der Auswanderungskommission gegenüber behauptet, die entschieden hatte, dass ich mich lebenslang zu dieser Mission verpflichten durfte.

Nur würden meine Mitreisenden Padas genauso wenig erreichen wie ich, wenn ich es nicht schaffte, irgendwie zur Brücke zu kommen. Denn derjenige, der uns nach Padas bringen würde, brauchte offenbar meine Hilfe.

»Arzt auf die Brücke!«, erscholl der nächste Hilferuf, und ich kam endgültig auf die Beine, denn die Schwerkraft war endlich wieder so, wie sie sein sollte. Ich packte meine Notfallausrüstung, die ungefähr 279 Kilo wog, wuchtete sie mir auf den Rücken und betätigte den kleinen Taster neben der Tür zu meinen Praxisräumen.

Die meisten Türen öffneten sich automatisch oder doch zumindest über eine Sprachsteuerung, aber in meiner Praxis lagerten die wirklich wichtigen Dinge, die für die nächsten tausend Tage das Überleben sicherten. Deswegen war das hier sozusagen Fort Knox, wie man in der altertümlichen Sprache gesagt hätte.

Vorsichtig betrat ich den langen Flur und blickte nach links und rechts, aber er war absolut leer. Der schrille Alarmton erfüllte alles, und hier blinkte in nervtötender Beständigkeit noch ein rotes Notfalllicht. Für die größten Idioten unter uns, die bisher nicht begriffen hatten, dass es ein echtes Problem gab. Energischen Schrittes marschierte ich in Richtung der Lifte, um zur Brücke zu gelangen.

Die Barrakuda hatte endlich ihren Schwerkraftstabilisator wieder im Griff, denn ich konnte ohne wilde Verrenkungen und ohne mich festklammern zu müssen, laufen. In den Notfallübungen für die etwas rückständigen Erdenbürger, die mit der Raumfahrt so rein gar nichts am Hut gehabt hatten, hatten wir gelernt, dass ein Ausfall dieser Stabilisatoren außerordentlich schlecht war. Nun wusste ich auch, wie sich das anfühlte.

Ich traf auf meinem Weg niemanden. Entweder waren alle tot oder einfach schneller gewesen, sich ordnungsgemäß zu sichern.

Die Barrakuda war nach offiziellen Maßstäben ein kleines Schiff. Sechsundfünfzig Passagiere, einunddreißig Crewmitglieder. Davon alle menschlich – bis auf einen –, was als Basis ziemlich gut war. Mit Menschen konnte ich umgehen. Dem Rest ging ich aus dem Weg, wobei der Rest leider bezogen auf das All in der absoluten Überzahl war. Deswegen war ich dankbar gewesen, dass die Barrakuda keine gemischte Crew angeheuert hatte, wie es heutzutage durchaus üblich war.

Drei Abzweigungen weiter stand ich vor der Tür zur Brücke. Ein ehrfurchtgebietender Ort. Hier hatte man als Normalsterblicher nichts zu suchen. Ich wedelte mit der Hand in Richtung Überwachungskamera und klopfte schließlich vorsichtig an die Stahltür.

»Hallo?«, rief ich energischer, als mir zumute war. Nichts tat sich. »Arzt vor der Brücke!«, brüllte ich dann, und mit einem leisen Zischen öffnete sich die Tür.


 

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