Das Glück ist da! Am 28. April 2023 ist „Glück ist da, wo man es hinträgt“ erschienen und das nehme ich zum Anlass, um euch etwas erzählen. Ich habe schon sehr viele Romane geschrieben und für jeden einzelnen habe ich eine tiefe emotionale Zuneigung, immerhin verbringe ich in meinen Geschichten einen Großteil meines Lebens. (Was dazu führt, dass ich gerne bei jedem neuen Buch sage, dass es mein Herzensbuch ist. Was ja auch stimmt!) Ich will euch heute mal erzählen, wie so ein Buch entsteht und wie der Schreibzyklus meiner Geschichten aussieht.
A m Anfang ist alles leicht: Frau Günak hat eine Idee, meist in Form eines Geistesblitzes, der sie gerne zu ungünstigen Zeitpunkten überfällt. So ein zündender Funke ist eine prima Angelegenheit, aber noch lange kein Buch. Also muss aus dem Funken ein Feuer entstehen, sprich ein Konzept, aus dem dann wiederum ein Exposé gestrickt wird, denn spätestens jetzt kommt der Verlag ins Spiel und spätestens jetzt liebe ich schon alle Figuren und Hunde und Orte, die in dem Buch vorkommen sollen. (Dabei ist es noch weit entfernt davon, ein Buch zu sein. Aber ein Gefühl, das gibt es schon.)
Kauft der Verlag das Exposé, gibt es einen verbindlichen Abgabetermin und damit steht meine Planung. Jetzt kommt der richtig anstrengende Teil. Der Teil, bei dem ich mich im Büro einschließe und sehr viele Tage sehr viel Kaffee konsumiere, denn aus dem, was es bis jetzt gibt,
erarbeite ich einen kompletten Plotplan. Da steht alles drin, was passieren muss, sollte, und manchmal auch, was auf keinen Fall passieren darf. Ich lege mich fest, ich treffe eine Entscheidung nach der anderen und wenn das geschafft ist, kommen jetzt die „Hasen“ und die „Wortfinderinnen“ ins Spiel. (Bis zu diesem Zeitpunkt weiß nur meine Agentin, was ich da tue. Wäre es grober Unfug, würde sie mich aufhalten. Das kennt sie nichts.)
M an sagt ja immer, dass das Schriftstellertum ein einsamer Beruf sei. Das stimmt meistens auch. Man hockt von morgens bis abends im Büro und starrt wahlweise auf das leere Dokument oder tippt wie im Wahn. Aber die „Hasen“ und die „Wortfinderinnen“ sind langjährige Kolleginnen und Freundinnen, die nun alle diesen zusammengestrickten Plotplan lesen und dann mein Hirn zum Brennen bringen. Einfach indem sie alles infrage stellen, und das ist absolut perfekt. Denn in diesem Stadium des Buches kann ich noch neue Wendungen einbauen, andere Gewichtungen legen und Figuren Motive aufs Auge drücken. Und nachdem der Plotplan und ich gegrillt wurden (Meine Verlagslektorin macht das übrigens wenig später auch noch einmal, der Plan und Frau Günak sind an dieser Stelle also schon mal gut durch), geht es los. Alles ist geplant, in trockenen Tüchern und nichts kann mehr schiefgehen.
Von wegen!
In diesem ausgeklügelten System ist natürlich nicht vorgesehen, dass Figuren irgendwann eigenständig zum Leben erwachen und die Magie des Schreibens irgendeinen kleinen Funken fallen lässt, der alles zum Explodieren bringt. Das passiert aber regelmäßig und das macht das Schreiben für mich zu einer hoch emotionalen Angelegenheit. Das ist nichts, was ich nebenbei erledige. Manchmal geht es mir leicht von der Hand, aber stellenweise quäle ich mich seitenlang. Mitunter bleibe ich auch ganz stecken, das ist dann die viel besungene Schreibblockade, die aber nichts anderes ist als eine akute Planlosigkeit. Irgendwo im Handlungsstrang oder in der Figurenentwicklung hakt es. (Vermutlich, weil ich etwas im ausgeklügelten Plan geändert habe.) Oder es ist die Angst, eine Entscheidung zu treffen. Man kann es kaum glauben, aber Autorinnen gehören zu den entscheidungsfreudigsten Wesen, die ich kenne, denn sie treffen Entscheidungen am laufenden Band. In jedem zweiten Satz lege ich mich neu fest. Ich gehe bewusst in eine Richtung, die nicht mehr geändert werden kann. Ich baue eine Figurenentwicklung doch noch mal um, weil es (vermeintlich) besser passt. Ein Plotplan ist zwar die Basis, aber dann doch eben nur ein Vorhaben, eine Absichtserklärung, eine Struktur, deren einzelne Elemente mit jeder Entscheidung, die ich treffe, angepasst und geändert werden muss.
In dieser Zeit regiert die Geschichte mein Leben. (Mein Mann, der diesen Text gegengelesen hat, schrieb an dieser Stelle den Kommentar: Und das Leben der ganzen Familie! Sorry, Gatte.) Tagelang brüte ich über den Figuren, entdecke neue Facetten und webe die Story zu einem Teppich, der aus tausenden von kleinen Fäden besteht.
M ir hat irgendwann, ganz am Anfang meiner Laufbahn, mal eine Buchhändlerin gesagt, dass sie Geschichten von Vielschreiberinnen (Das bin ich definitiv!) ablehnt und nicht in ihrem Laden verkauft. Wer so viel schreibt, könnte keine Qualität produzieren. Mal außer Acht gelassen, dass man nicht von einem Buch in vier Jahren leben könnte, und Qualität immer im Auge der Leserin liegt, musste ich doch sehr lange über diese Aussage nachdenken. Jetzt, unzählige Bücher später, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass meine Geschichten immer besser werden. Weil ich mich verändere, mittlerweile so viel Schreiberfahrung habe und schon intuitiv spüre, ob eine Geschichte tragfähig ist oder nicht.
Weil man das Schreiben nur durch Schreiben lernt. Nicht durch Denken, nicht durch das Lesen von Schreibratgebern, nicht durch theoretisches Lernen. (Solltest du mit dem Gedanken spielen, zu schreiben, oder es bereits tun: Los! Schreib ganz viel!)
Ich bin also bekennende Vielschreiberin und verbringe den größten Teil meines Lebens mit meinen Geschichten.
Deswegen gilt: Jede meiner Geschichten ist mit absoluter Liebe gemacht. Handmade. Herzgemacht. Ganz allein von mir für dich.