? Textschnipsel Nummer 4 ?
Ein Fenster flog polternd auf, und Klara zuckte zusammen. Für einen kurzen Augenblick erschien Stens Kopf im Rahmen, dann verschwand er wieder, nur um wenige Atemzüge später über die Terrasse in den Garten gestapft zu kommen. Die Teetasse in seiner Hand wirkte wie aus der Küche eines Puppenhauses, seine Hand schien sie mühelos zerdrücken zu können.
»Moin. Tee«, sagte er mit seiner ewig heiseren Stimme, als hätte er in seinem Leben schon zu viel gesprochen. Dabei war er doch so schweigsam.
Klara räusperte sich. »Danke«, antwortete sie und nahm ihm die feine Porzellantasse aus der Hand.
»Minze. Mit Eisenkraut. Hilft gegen Verwirrung. Du sahst verwirrt aus.«
»Danke«, sagte sie erneut. Sten wartete einen Moment ab. Ein Angebot. Er würde ihr zuhören. Eventuell würde er nichts sagen, aber er würde zuhören. Eine unschätzbare Fähigkeit in der heutigen Zeit, in der alle so oft um sich kreisten, doch Klara lächelte nur und nippte an ihrem Tee. Sie würde Sten gegenüber nichts sagen. Denn erfahrungsgemäß lösten sich neunzig Prozent aller Probleme nach einer gewissen Zeit in Luft auf. Seine Energie sollte man also ausschließlich auf die verbleibenden zehn Prozent konzentrieren. Schlussendlich wird doch am Ende immer alles gut. Und wenn es noch nicht gut war, war es einfach noch nicht zu Ende.
In diesem Moment krachte etwas ohrenbetäubend. Klara fuhr herum, schüttete sich heißen Tee über die Hand und fluchte leise.
»Ach du grüne Neune«, murmelte Sten hinter ihr.
Sie starrten auf den abgebrochenen Ast des Apfelbaums, des Zentrums dieses Gartens. Unter dessen Krone sie noch vor wenigen Minuten gesessen hatte.
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